Nachtarbeit ist eine große Belastung für den Körper. Für die Nachtarbeit steht daher ein angemessener Zuschlag zu. Doch dürfen diese Zuschläge unterschiedlich hoch sein? Über diese Rechtsfrage wird seit Jahren in zahlreichen Gerichtsverfahren gestritten. Jetzt gibt es ein erstes Grundsatzurteil vom Bundesarbeitsgericht: mit einer sachlichen Begründung sind unterschiedlich hohe Nachtzuschläge erlaubt. So dürfen die Nachtzuschläge bei unregelmäßig stattfindender Nacharbeit höher sein als bei Nachtschichten, die regelmäßig geleistet werden und für den Arbeitnehmer besser planbar sind.
Ein Nachtzuschlag ist eine zusätzliche Vergütung, die Arbeitnehmer erhalten, wenn sie während der Nachtstunden arbeiten. Dies umfasst die Nachtarbeit, die Arbeit an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen sowie an speziellen Tagen wie Heiligabend und Silvester. Die genauen Kriterien und Beträge für Nachtzuschläge variieren je nach Land, Branche und Unternehmen. Ein Ausgleich für Nachtarbeit erfolgt entweder durch bezahlte Freizeit, durch Extrazahlung oder durch eine Kombination beider Optionen. In der Regel sind Nachtzuschläge jedoch eine prozentuale Erhöhung des regulären Stundenlohns. Nachtstunden beziehen sich normalerweise auf die Stunden zwischen etwa 23:00 Uhr abends und 6:00 Uhr morgens.
Nachtarbeit kann gesundheitliche und soziale Auswirkungen haben, da sie den normalen Schlafrhythmus stört und zu Schlafproblemen sowie anderen Gesundheitsrisiken führen kann. Um diese zusätzlichen Belastungen auszugleichen, haben viele Arbeitsgesetze und Tarifverträge Bestimmungen für Nachtzuschläge.
Doch dürfen diese Zuschläge unterschiedlich hoch sein? Über diese Rechtsfrage wird seit Jahren in zahlreichen Gerichtsverfahren gestritten. Jetzt gibt es ein erstes Grundsatzurteil vom Bundesarbeitsgericht: mit einer sachlichen Begründung sind unterschiedlich hohe Nachtzuschläge erlaubt. So dürfen die Nachtzuschläge bei unregelmäßig stattfindender Nachtarbeit höher sein als bei Nachtschichten, die regelmäßig geleistet werden und für den Arbeitnehmer besser planbar sind.
Die Klägerin leistete bei der beklagten Partei Nachtarbeit im Wechselschichtmodell. Auf das Arbeitsverhältnis kam der Tarifvertrag für Getränkeindustrie zur Anwendung. Der anwendbare Tarifvertrag sah unterschiedliche Nachtzuschläge für regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit vor. Konkret gebührte laut dem Tarifvertrag bei regelmäßiger Nachtarbeit im Wechselschichtmodell Nachtzuschlag in Höhe von 20% und für die unregelmäßige Nachtarbeit ein Zuschlag in Höhe von 50%. Die Klägerin erhielt gemäß dem Tarifvertrag Nachtarbeitszuschläge in Höhe von 20% und war der Auffassung, die unterschiedliche Höhe der Nachtarbeitszuschläge verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art.3 Abs.1 GG). Mit ihrer Klage verlangte die Klägerin die Differenz zwischen dem Zuschlag für unregelmäßige (50%) und den erhaltenen Zuschlag für regelmäßige Nachtarbeit in Höhe von 20%.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) ersuchte den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um eine Auslegung von Unionsrecht zu den Nachtarbeitszuschlägen. Der EuGH wies die Sache zurück und überließ die Entscheidung dem deutschen Gericht mit der Begründung, dass Festsetzung des Lohn- und Gehaltsniveaus den Mitgliedstaaten selbst vorbehalten ist. Daraufhin fällte das Bundesarbeitsgericht ein Grundsatzurteil: Eine Regelung in einem Tarifvertrag, die für unregelmäßige Nachtarbeit einen höheren Zuschlag vorsieht als für regelmäßige Nachtarbeit, verstößt dann nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, wenn ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung gegeben ist. Die sachliche Begründung muss aus dem Tarifvertrag klar erkennbar sein. Ein solcher sachlicher Grund wurde im vorliegenden Fall bestätigt und liegt darin, dass mit dem höheren Zuschlag neben den spezifischen Belastungen durch die Nachtarbeit auch die Belastungen durch die geringere Planbarkeit eines Arbeitseinsatzes in unregelmäßiger Nachtarbeit ausgeglichen werden sollen. Die Klage hatte daher keinen Erfolg. Das BAG betonte aber, dass in anderen Verfahren eine andere Beurteilung erfolgen könnte. Ausreichende sachliche Begründung muss in jedem Einzelfall genau geprüft werden.
Unterschiedliche Höhe der Nachzuschläge war in den vergangenen Jahren bereits Streitgegenstand gerichtlicher Entscheidungen. Im Jahr 2013 urteilte das BAG noch, dass unterschiedlich hohe Zuschläge zulässig sind und keine Ungleichbehandlung gegeben ist (Urteil vom 11. Dezember 2013–10 AZR 736/12). Im Jahr 2018änderte das BAG jedoch seine Rechtsprechung und entschied, dass Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen (ausschließlich) vor den gesundheitsschädlichen Folgen der Nacht- und Schichtarbeit zu schützen seien (BAG, Urteil vom 21. März 2018–10AZR 34/17). Damals war das BAG daher der Meinung, dass die unregelmäßige Nachtarbeit die Teilhabe am sozialen Leben nicht mehr als die regelmäßige Nachtschichtarbeit beeinträchtigt. Genau diese Rechtsfrage wurde jetzt anders gelöst. Das oben erläuterte Urteil entfaltet daher nun eine Signalwirkung für die zahlreichen–noch beim Bundesarbeitsgericht anhängigen – Rechtsstreitigkeiten und es bleibt zu hoffen, dass nun Rechtssicherheit bei der Gestaltung der Tarifverträge geschaffen wird.
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Mag. iur. Gorica Stojkovic-Bubic ist TimeTrack-Expertin für arbeitsrechtliche Themen. Nach 10-jähriger Tätigkeit für eine renommierte Wiener Rechtsanwaltskanzlei mit Schwerpunkt Arbeitsrecht verstärkt sie nun das junge TimeTrack Team und schreibt gerne Rechtsbeiträge rund um Arbeitszeit und Arbeitswelt.